Samstag, 12. Juni 2021

Pilgern im Mühlviertel - Der Johannesweg

Der Johannesweg ist als 84 km lange Rundweg mit 12 Stationen in Form einer Lilie die zur Meditation einladen angelegt. Der Pilgerweg wurde 2012 von einem Linzer Arzt initiiert. Als Start- und Zielort ist Pierbach definiert, aber es kann an jedem Punkt der Strecke eingestiegen werden - wobei die Markierungen nur im Uhrzeigersinn angebracht sind. 


 

Es gibt zu dem Weg eine tolle Homepage und auch eine App (mit digitalem Stempelpass) - das einzige was etwas fehlt bei der Routenplanung is das die Tour zwar insgesamt ca. 2800 Höhenmeter hat  aber es gibt bei den Etappenvorschlägen keine Höhenmeterangaben, daher ist da etwas raten angesagt.



Meine Freundin ist den Weg schon einmal in knapp zweistelliger Zahl gelaufen - als Vorbereitung für den Großglockner Ultratrail - und einmal mit einer Freundin in 2.5 Tagen gegangen. Ich habe mich breit schlagen lassen ihn in 2 Tagen zu machen - 2.5 Tage wären wohl für meine Füße besser geeignet gewesen haha.  



Ich freute mich sehr auf diese Tour, erstes da ich meine Freundin seit Herbst nicht mehr gesehen habe und zweites da das Mühlviertel für mich einen Blinden Fleck auf der Österreichlandkarte darstellt. Und was gibt es besseres als diese Blinde Flecken mit den Füßen zu erkunden? 


 

Das Mühlviertel gehört zu den vier historischen Vierteln von Oberösterreich - das heißt es bleiben noch drei übrig die erkundet werden wollen ;)  Es ist nördlich der Donau und gehört geologisch zum Granit- und Gneishochland. In Niederösterreich gehört das direkt ans Mühlviertel angrenzende Waldviertel dazu - auch so ein Blinder Fleck... 

Tag 1

Gesagt getan. Wir starteten am Samstag 05.06.2021 0700 vom öffentlichen Parkplatz in Pierbach. Die Tour ist super vorbildlich ausgeschildert, es gibt keine Kreuzung wo man sich unsicher sein könnte welchen Weg man wählt. Zuerst war es angenehm kühl und es ließ dann auch nicht lange das erste Highlight auf sich warten - die Pierbacher Kugelmühle. Sie ist die einzige Kugelmühle von Oberösterreich, hier werden mit Hilfe des Wassers aus unförmigen Steinen Granitkugeln geformt.






Bald drauf kommt man schon zu dem bekanntesten Bild des Johannesweges - den Johannesbrunnen und Engelskapelle. Es ist auch gleichzeitig die erste Station ( und Stempelstelle von 12). Dieser Kraftplatz steht am Hof der Familie Irxenmayr. Jede Station hat einen eigenen Spruch - der erste ist "Humor soll dein Leben begleiten, denn er beflügelt deinen Geist und erfreut die Gesellschaft." Diese Sprüche sollen zum Innehalten und meditieren anregen.  



Eine der wenigen steilen Anstiege geht neben der Speed-Gleit-Bahn Stoaninger Alm (Im Winter ein Skillift) hinauf und mündet in den Herrgottsitz. Direkt am Gipfel befindet sich nämlich eine markante Felsformation mit Gipfelkreuzchen. Gleichzeitig ist dieser Ort eine weitere Station am Johannesweg.
 



 
Die ersten 14 km bis zur Ruine Prandegg sind kurzweilig und ein leichtes auf und ab. Ab der Ruine wurde es dann leider ziemlich warm da keine Wölkchen mehr die Sonne verdeckten - wochenlang sehnte man sich nach der Sonne und jetzt wo sie endlich da ist, ist sie schon zu heiß ;) Sellerie.
 



 
Das Wasser das wir dabei haben wurde schon langsam etwas knapp und wir sehnten uns nach der nächsten Ortschaft Sankt Leonhard bei Freistadt. Aber zuerst ging es noch einen kleinen Stichweg zum Herzogreither Berg mit Aussichtskanzel. Dieser Berg zeichnet sich wieder durch eine markante Felsformation - eine Felskanzel - aus Granit die wieder bestiegen werden kann wodurch sich ein wunderbaren Blick über das Mühlviertel eröffnet.  Laut Literatur kann man bei guter Fernsicht den Blick von Schneeberg bis zum Dachstein schweifen lassen. Es ist einer der schönsten Aussichtsplätze in der gesamten Region.
 

 
Die Granitfelsen sind sowieso eine wunderbare Sache hier in der Gegend. Sehr beeindruckend liegen die Felsen oder zu groß geratene Steine überall verstreut im Wald oder auf der Wiese. Manchmal alleine, manches mal als Ansammlung - so als wären Riesen über das Land gegangen und hätten einige Murmeln verloren. Laut Literatur sind diese Murmeln natürlich aufgeschlossener Granit mit Wollsackverwitterung. Weiters gehört zum typischen Verwitterungs- und Erosionsformenschatz der Region Felsenmeere, Wackelsteine und Felskanzeln. 

In Sankt Leonhard konnten wir dann endlich unseren Durst stillen und die Wasserflaschen auffüllen. Zuerst noch über die Hitze beklagt braute sich am anderen Ende des Mühlviertels ein Gewitter zusammen. Es bewegte sich in unsere Richtung und wir uns in seine. Die nächste Station und gleichzeitige Sehenswürdigkeit der Region den Galgenbichl von Weitersfelden erlebten wir schon in strömenden Regen. 




Zwei 5m hohe und 50cm dicke Pfeiler aus Granitsteinen gemauert, bilden das Grundgerüst des Galgens - das ziemlich schaurig aussieht bei Regen und dem aufsteigenden Dampf da die Sonne ja zuerst den ganzen Vormittag den Boden stark aufgeheizt hat. Darüber liegt ein Querbalken aus Holz. In einem Stein des rechten Pfeilers ist die Jahreszahl 1742 eingeritzt. Es soll in diesem Jahr die letzte Hinrichtung stattgefunden haben, allerdings durch das Schwert. Es ist der einzige noch erhaltene Galgen in Oberösterreich - ein Umstand der nur der Unterlassung (oder auch nur Faulheit?) des damaligen Grundbesitzers zu verdanken ist. Die Gerichtsbarkeit wechselte nach Freistadt und der Galgen hätte daher abgebaut werden sollen - wurde aber offensichtlich nie gemacht ;) 

Kurz nach dem Galgen kamen wir direkt ins Gewitter und suchten Unterschlupf in einem Gebäude kurz vor dem Ort Weitersfelden. Wir verharrten dort eine Stunde und bekamen sogar ein Bier zum besseren Aushalten. Als das Donnerwetter weiterzog hörte sogar der Regen fast komplett auf, es blieb nur mehr ein Tröpfeln. Unser Unterschlupf war kurz vor dem nächsten Naturschauspiel am Weg - die Zwischenstromwiese wo die Weiße und Schwarze Aist zusammenfließen und die Waldaist bilden. Bei guten Bedinungen kann man die unterschiedliche Färbungen des Wassers gut erkennen - so direkt nach einem Wolkenbruch fließen einfach nur zwei braune Suppen zusammen. 








Der Weiterweg war kurzweilig aber ohne herausragende Sehenswürdigkeit, das letzte Highlight des Tages bildete das Kammerer Kreuz eine Kapelle in Steinbloßbauweise. Diese Bauweise ist typisch für die Gegend und entstand wie so viele Traditionen aus der Not heraus. Die Steine sind nichts anderes als die Granitfelsen die in der Gegend rumkugeln - sie wurden mit der flachen Seite nach außen zu doppelwandigen Mauern aufgestockt, mit Sand und Erde gefüllt und mit Lehm und Kalk verfugt. Durch Jahre der Verwitterung wurde die Farbe an vielen Stellen jedoch abgewaschen und die grauen Granitfeldsteine kamen zwischen den weißen Putzflächen zum Vorschein. 


Die letzten Kilometer bis nach Kaltenberg waren wieder sehr kurzweilig und größtenteils auf Waldwegen, es ging die meisten Zeit bergab und nur das letzte Stück zum Ort nochmals bergauf - der Anstieg des Todes sozusagen ;) - denn es wurden damit 50 km und 1700 Höhenmeter für den ersten Tag. In 1.5 Tagen aufgeteilt wäre die Tour sicher wesentlich angenehmer gewesen haha






Quellenangabe: Ich habe mir das Wissen rund um die Plätze oder Beschaffenheit der Region von unterschiedlichen Homepages zusammengetragen. Meist aus Wikipedia oder den Seiten der Tourismusregion Mühlviertel (hier) und der offiziellen Homepage des Johannesweges (hier)

PS Wo habt ihr so eure Homepages gemacht bzw machen lassen? Ich bin mit Blogger höchst unzufrieden - ich kann nicht mal anständig mehr die Bilder in der Mitte positionieren ?